Aus der Krise in die Zukunft

19. April 2020

Deutschland scheint die Coronakrise im Vergleich gut zu überstehen. Die Regierung handelt überlegt, schnell und auch die Menschen in Deutschland verhalten sich einsichtsvoll und gehen gut miteinander um. Gleiches gilt besonders für Nottuln. Wir haben gute Zahlen – „Glück gehabt“ möchte man sagen und sich darüber freuen. Nur ist die Krise auch in Nottuln noch nicht vorbei. Wir müssen weiter vorsichtig und gut vorbereitet sein. Und meine Gedanken sind bei denen, die nicht so gut durch die Krise kommen: den Menschen in den Altenheimen, bei den Geflüchteten und den Erkrankten, aber auch bei den jungen Familien, den Alleinlebenden und den jungen Leuten. Kommen wir als Weltgemeinschaft, als Land, als Gemeinde gut aus dieser Krise wieder raus? 

Die europäische Krise zeigt, dass es nur im Miteinander und nicht gegeneinander geht. „Jeder gegen jeden“, das gilt ebenso für Länder, für Gemeinden oder für Kliniken, stürzt uns in eine Wirtschaftskrise. Wir brauchen endlich eine angemessene Bezahlung in der Pflege und bei denen, die in der Versorgung einen wichtigen Dienst leisten. Da hilft auf Dauer kein Applaus und da helfen keine Spenden für Schwestern und Pfleger. Wir brauchen richtige Vorsorge. Wir sehen, dass der Markt erst einmal wenig allein regelt. Wir brauchen neben einer guten Staatsfinanzierung auch die Unterstützung durch die Kommunen vor Ort. Es reicht nicht aus, das Rathaus zu schließen und die Menschen zu überwachen. Ich frage mich, wo der Bericht zu unseren Flüchtlingsheimen ist, zu den Familien, die keine Betreuung in Anspruch nehmen können, zu den Unternehmen, die in Kurzarbeit sind oder deren Insolvenz droht und zu den Arbeitnehmern, die ihre Arbeit verlieren? Angesichts einer dramatischen Flüchtlingskrise müssen auch wir uns fragen, ob wir in Nottuln nicht zum Beispiel Geflüchtete aus Lesbos aufnehmen können? Wie geht es unseren Wohnungslosen oder denen, die in prekären Wohnverhältnissen leben, den Kindern in diesen Familien? Gab es schon eine Videokonferenz der Unternehmen oder eine organisierte Vernetzung untereinander? Kann unsere Gemeindeverwaltung in eine gemeinsame Kaufplattform investieren und damit die Marke Nottuln für Betriebe attraktiv machen? Was ist mit den Menschen, die ihre Arbeit verlieren oder nicht mehr genug verdienen, und sich sorgen, ihr Haus nicht mehr finanzieren können oder deren Wohnung zu teuer wird. Warum haben wir noch keine Beratungsstelle, die Hilfen zur Coronakrise in Nottuln anbietet und die Kompetenzen im Ort sammelt und koordiniert? Vieles wirkt im Moment immer noch zufällig und wenig geplant.

Unsere Gemeinde wird nach der Krise nicht wieder „ganz die alte“ werden. Diese Krise muss uns wach machen, dass wir auf Dauer Strukturen aufbauen, die uns Stabilität geben, damit die viel beschworenen Gemeinschaft auch in solchen Zeiten gut funktionieren kann. Ich bin sicher, dass unsere Gemeinde dank ihrer guten Verknüpfungen und der dörflichen Netzwerke über ausreichend Potenzial verfügt, schnell wieder auf die Füße zu kommen. Dazu müssen wir nach einer guten Analyse der Situationen mit allen Verantwortlichen schnell handeln: den Haushalt neu aufstellen und gemeinsam mit der Politik Strukturen aufbauen, die im Miteinander funktionieren. Das können in der Wirtschaft Genossenschaften oder Verbünde sein, die das Risiko für einzelne abfedern. Das können auch Kooperationen von Sportvereinen sein oder Beschäftigungsgesellschaften gemeinsam mit dem Handwerk.

Unsere Gastronomie und unser Einzelhandel sind stark, aber kaum ein Unternehmen kann ohne Perspektive durchhalten; wir brauchen auch für diejenigen, die jetzt noch nicht wieder ihre Geschäfte öffnen können, einen geordneten Wiedereinstieg in das gesellschaftliche Leben. 

Durch ein kleiner werdendes Gemeindebudget werden wir auch in Nottuln nicht mehr allein auf Wachstum setzen können. Unsere Gemeinde muss konkret handeln: Ideen entwickeln, Unternehmen und Initiativen vernetzen, die Digitalisierung vorantreiben, unterstützen, beraten und gestalten. Nottuln ist stark – seine Bürgerinnen und Bürger, seine Gewerbetreibenden, seine Vereine und Gruppen. Das gemeinsame Engagement aller ist ein hoher Wert, mit dem wir gemeinsam ein Stück unserer Zukunft bauen können!