Haushaltsrede 2021

6. Oktober 2021

Liebe Ratsmitglieder,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir kommen nicht umhin, den nüchternen finanziellen Rahmen für das nächste Jahr anzuschauen. Wie bei einem Gemälde möchte ich den Rahmen inhaltlich füllen und ausmalen. Es soll ein möglichst farbiges Bild werden. Denn nur aus Kostengründen auf schwarzweiß umzusteigen, kann ja nun nicht unser Ziel sein.

Ein Ausrufezeichen möchte ich noch einmal hinter unseren Konsolidierungsbeschluss 2021 setzen. Ja, wir haben keine andere Möglichkeit, auch wenn uns damit einige Farben für unser Bild fehlen werden… Sparen und nur mit guten Gründen investieren bleibt unsere Strategie. 

Verwaltungsintern haben wir tatsächlich alle geplanten Ausgaben durchkämmt und alles auf den Prüfstand gestellt. Und ja, es tut weh, Gebühren zu erhöhen, Steuern anzupassen, Zuschüsse und alle freiwilligen Leistungen zu streichen und damit auch keinen Kulturetat zur Verfügung zu stellen. 

Schon in meiner letzten Rede habe ich von einem „vergifteten Erbe“ zu Beginn dieser Wahlperiode gesprochen: die Kassen leer und ein langer Weg der Konsolidierung vor mir, vor uns. Und hier im ersten Haushalt, den wir gemeinsam aufstellen, sehe ich, wie eng unser Gestaltungsspielraum ist. 

Politik ist immer auch Investition und Gestaltung über den gezielten Einsatz von Geld. Wir können allenfalls das Nötige tun – und selbst das nur in sehr engen Grenzen. So haben wir es miteinander und einstimmig hier im Rat beschlossen. 

Das wird uns nicht in tiefe Depressionen führen, sondern dafür sensibilisieren, was wirklich nötig ist. Das Ringen um unsere Prioritäten- oder Orientierungsliste zeigt das schon sehr deutlich. Auch der feste Wille, alle Aufwände, die wir steuern können um 10% zu kürzen, legt uns eng an die Kette. 

Es bleibt dabei, dass wir in den nächsten Jahren jeweils jährlich 550 T€ konsolidieren müssen und dass unsere Neuverschuldung bis 2026 max. 5 Mio.€ betragen darf. Wenn wir davon allerdings in 2022 bereits 4,6 Mio.€ ausgeben, können Sie sich die nächsten Jahre vorstellen…

Trotzdem stehe ich für „Aufwind für Nottuln“ und das haben wir uns miteinander vorgenommen. Ich möchte weiter nach Grundstücken suchen und sie hoffentlich finden, um den Rahmen für „Nottuln 2030“ abzustecken. Das ist keine Expansion bis ins eben Mögliche, sondern ein moderates, unserer Gemeinde angemessenes Wachstum in allen Ortsteilen. Wie schwer dieses Geschäft ist, wissen Sie. Andererseits bekomme doch auch ich Angebote von Bürgerinnen und Bürgern, die ich niemals erwartete hätte und ich sehe, wie gern Menschen aus der Gemeinde sich beteiligen, mitdenken und sogar zu Landverkäufen oder zum Landtausch bereit sind – allerdings in sehr unterschiedlicher Weise. Dass wir uns dabei auf neue Konzepte einzustellen haben, muss klar sein: Das klimaneutrale Eigenheim auf kleinem Grundstück, das Wohnprojekt, die Geschossbauweise, Co2 -neutrale Reihenhaussiedlungen und der bezahlbare, genossenschaftliche Wohnungsbau werden Varianten unserer Baulandentwicklung sein.   

Wie hoch der Nachholbedarf auch in der Gewerbeentwicklung ist, habe ich in den Gesprächen mit der Bezirksregierung erlebt. Ob dann Agravis ein guter und einträglicher Weg ist, werden wir hier miteinander in einem geordneten Verfahren entscheiden – mit dem nötigen distanziert-kritischen Blick und einer sachlichen Abwägung von Vor- und Nachteilen. Neben dieser oder möglichen weiteren Großansiedlungen geht mein Blick vor allem aber auf kleinere Flächen, die mit innovativem und umweltverträglichem Gewerbe besiedelt werden können. 

Neben allen Investitionen für die Zukunft haben wir eine Menge zu investieren in die Projekte, die aus der Vergangenheit rühren: Im Baufeld A in Nottuln Nord muss der Endausbau gestemmt werden, wir müssen allerdings überlegen, ob wir – jetzt wo die Brücke im Ortskern saniert wird – auch den Bauabschnitt 4.1 und 4.2 angehen. Die Planungen stehen und die Fördermittel, die allerdings nur 60% betragen, können wir beantragen. Aber: Können wir uns das wirklich leisten oder müssen wir am Ende darauf verzichten, zumal die Oberflächen am Stiftsplatz und den angrenzenden Bereichen noch begeh- und befahrbar sind – und das sogar verkehrsberuhigt, wenn auch nicht vollständig barrierefrei… 

Die Grundschule Darup liegt uns nicht nur am Herzen, sondern haushalterisch betrachtet auch „auf der Tasche“. Keine Frage: Wir sind froh über diesen Standort in unserer Schullandschaft und werden sie nun schnellstmöglich so bauen, wie wir es beschlossen haben. Trotzdem binden wir damit nicht unerhebliche finanzielle Mittel.  

Für die bauliche Entwicklung brauchen wir Planungsmittel und wir sehen bereits in diesem Jahr, dass manches Gutachten und die eine oder andere Planung, die wir nicht selbst machen können, nur schwer zu finanzieren ist, zumindest wenn sie im Hauhalt nicht eingepreist ist. 

Dass wir mit einer neuen Feuerwehr in Appelhülsen und einem neuen Feuerwehrfahrzeug sowie einer guten Ausrüstung in unsere Sicherheit investieren, steht außer Frage. Trotzdem werden wir auch hier die Kosten „unter dem Deckel“ bzw. der festgelegten Obergrenze halten müssen. 

Das Rupert-Neudeck-Gymnasium hat nun schon ein Jahr lang warten müssen, bis wir die pädagogische Architektur wieder in den Blick genommen haben. Das hat nicht nur etwas mit den Finanzen zu tun, sondern auch mit den Ressourcen in der Abteilung Planen und Bauen, die allerdings auch Geld kosten. Hier wird es, wenn auch sehr langsam, weiter vorangehen. 

An die Investitionen in der Liebfrauenschule haben wir uns vertraglich gebunden und wir werden diese Verpflichtungen natürlich erfüllen. Und auch sowohl unsere Grundschulen wie die anderen kommunalen Liegenschaften werden wir weiterhin angemessen „in Schuss“ halten. 

Wir müssen dabei sehen, dass der Erhalt und Ausbau der pädagogischen Infrastruktur nötig und sinnvoll ist, wenn wir als Wohn- und Lebensort attraktiv bleiben wollen. Ich denke, dass wir besser schlechtere Straßen ertragen als eine schlecht ausgestattete Schullandschaft. Ohne das eine gegen das andere ausspielen zu wollen, werden wir erleben, dass in allen Themenfeldern, die ich nenne, Sparsamkeit, Augenmaß und Achtsamkeit bei Investitionen nötig sind. 

Ohne Prophet zu sein, ist Ihnen und mir klar, dass wir oft und lange abwägen und diskutieren werden und dass wir hart miteinander um jede einzelne Ausgabe ringen werden. Und auch darum möchte ich eindringlich bei den anstehenden Haushaltdebatten und den Gesprächen am Rande bitten: Weder die Haltung der Fundamentalopposition noch Enthaltungen, die im Ergebnis eine Nicht-Meinung dokumentieren, helfen uns weiter. Sachlichkeit und eine gut begründete Meinung dagegen sind in unseren Debatten hilfreich. 

Auch die Themen Straßenbau und Hochwasserschutz dürfen wir nicht vernachlässigen und angesichts der Planungen muss uns klar sein, dass wir viele Straßen erst dann sanieren werden, wenn eine imaginäre Schmerzgrenze erreicht ist. 

Wir freuen uns, dass Nottuln eine Heimat für viele ältere Menschen bietet, aber ebenso für junge Familien attraktiv und lebenswert ist. Die möglichst zügige Planung für eine weitere Kita und eine entsprechende Infrastruktur muss angesichts der Pläne für Baulandentwicklung – in welcher Form auch immer – jetzt forciert werden. Und dass wir mindestens eine weitere Kita bauen müssen, liegt auf der Hand. Wie wollten wir ansonsten das moderate Wachstum, das vor allem auch junge Familien nach Nottuln holen wird, sinnvoll gestalten?

Die Kosten für die Klimafolgenanpassung und den aktiven Klimaschutz – wir haben uns einen ambitionierten Weg mit dem Ziel der Klimaneutralität 2030 vorgenommen – sehe ich als wichtigsten Querschnitt durch alle Themen! Aber auch diese Maßnahmen werden uns nicht nur manches Durchhaltevermögen in emotionalen Debatten abverlangen, in denen es auch um Verzicht gehen wird, sondern ebenso Geld kosten, das gut und sinnvoll investiert ist. Mit unserem Mobilitätsmanager und den beauftragten Konzepten in Wegenetze und Planungen, besonders in das Thema Radverkehr, gehen wir den richtigen Weg. Und auch in die Förderung regenerativer Energien, Photovoltaik und vor allem Windkraft, werden wir weiter vorantreiben.

Im Rahmen dieses Zieles haben wir unterschiedliche, wichtige Themen zu berücksichtigen. Es geht dabei nicht um ein „Entweder oder“ sondern um ein „Sowohl aus auch“. Nur in einem Mix der unterschiedlichen Initiativen werden wir das ambitionierte Ziel erreichen. 

Besonders schmerzhaft sind die Einschnitte im Thema Kultur. Wir stellen in 2022 kein eigenes Kulturbudget auf, weil es zu den freiwilligen Leistungen zählt. Noch im Wahlkampf 2020 habe ich mich dafür stark gemacht, Nottuln zu einem Kulturort im Münsterland auszubauen. Der einzige Weg, Nottuln kulturell zu einer „Perle in der Baumberge-Region“ zu machen, ist ein extrem starkes ehrenamtliches Engagement. 

Auch vom „Süßen Gift der Förderung“ habe ich schon häufiger gesprochen. Wir dürfen uns nicht verführen lassen. Fördermittel sind kein Garant für die Umsetzung einer Maßnahme. Außer bei einer 100%-Förderung müssen wir immer bedenken, dass die Finanzierung des kommunalen Eigenanteils sichergestellt sein muss. So schön 60% Förderung bei einem Bauabschnitt 4.1 und 4.2 sind, der „Rest“ ist von der Gemeinde zu bezahlen. 

Wir werden vieles miteinander schaffen. Die Verwaltung ist leistungsstark, anpassungs- und reformfähig, wie das letzte Jahr gezeigt hat, und auch die rechtzeitige Aufstellung des Haushaltes im vierten Quartal ist ein Zeichen, dass wir frühzeitig das kommende Jahr in den Blick nehmen. Wir gönnen uns keinen Stillstand und mit Ihren Ideen, mit Diskussionen, mit Ihren Beschlüssen und unserem Tun, werden wir in Nottuln zukunftsfähige Akzente setzen. 

Vielen Dank!