Johann Conrad Schlaun (1695-1773)

12. Februar 2020

Sehr geehrter Herr Landingenieur und Generalmajor der Artillerie,

lieber Herr Schlaun!

Wenn ich Sie mir so vorstelle, denke ich immer an das bekannteste Bild von Ihnen mit der roter Knollennase. Ihr barockes Erscheinungsbild erinnert an das, was Sie oft gebaut haben: eine Kombination von hellem Sandstein und rotem Klinker mit weißen, mehrfach unterteilten Fenstern, die gern als „Westfälische Sinfonie“ bezeichnet wird und so schön in meiner Heimat steht.

Schaut man sich unseren historischen Ortskern an, kommt man nicht an den Stiftshäusern vorbei, in denen heute Teile der Verwaltung untergebracht sind und die Sie erbaut haben. Nottuln hat Ihnen viel von seiner Schönheit zu verdanken. Ich bewundere Ihre klare und doch poetische Architektur. Trotz geringer finanzieller Mittel haben Sie Gutes und Bleibendes geschaffen.

Ich jedenfalls bin froh, dass Sie nach dem großen Brand von 1748 in Nottuln gearbeitet haben. Sie waren damals auf der Höhe Ihres Schaffens, 53 Jahre alt – nur wenig jünger als ich. Sie haben ausgesprochen sensibel in die bestehende Bebauung eingegriffen. Dafür waren Sie bekannt. Und genau das würde ich gern von Ihnen lernen: Bestehendes gut wahrnehmen und nur das ändern, was nötig ist. Veränderungen an Gebäuden sind mindestens so heikel wie Änderungen in der Verwaltung. Sie können sich vorstellen, dass immer dann, wenn jemand neu in ein Amt kommen könnte, die Menschen sehr genau hinschauen: Was hat derjenige bisher gemacht, was erzählt man sich über ihn, wie sind die Erfahrungen im Umgang mit ihm? Auch Ihre Auftraggeber werden Sie zunächst kritisch beäugt haben, da Sie aus dem entfernten Münster kamen. Bei mir ist es nicht ganz so schlimm. Ich wohne in Schapdetten. Deshalb konnten die Menschen sich in den letzen Jahren schon ein Bild machen und erahnen, wie es sein würde, wenn sie mich zu ihrem Bürgermeister machten.

Mit Ihrem Sinn für  Proportionen und Ihrer barocken Großzügigkeit hätten Sie in Nottuln noch viel Schönes erreicht, wenn nicht der Siebenjährige Krieg dazwischen gekommen wäre. Mich persönlich spornt Ihr Erbe an. Heute sind zwar die Anforderungen ans Bauen andere, aber Sie kannten Nachhaltigkeit, obwohl es das Wort noch gar nicht gab. In Ihrer Zeit haben Sie aus heutiger Sicht Erstaunliches geleistet.

Der Barock ist lange vorbei und doch hat Nottuln Ihr bauliches Erbe bewahrt. Ich möchte nicht nur Ihre Gebäude, von denen leider oft nur die Fassaden übrig geblieben sind,  erhalten, sondern Ihren Geist im Städtebau heute kritisch und zeitgemäß fortsetzen. Der Nonnenbach wäre renaturiert umso schöner erlebbar, wenn er auch im Sommer Wasser führte. Eine große Allee in den Stiftsbezirk wäre ebenso eine Riesenchance. Würden Sie die alten Platanen fällen? Sicher nicht! Meine Idee von Nottulns Ortskern hat etwas von einem belebten Park mit vielen Bäumen. Ganz wunderbar ließen sich Natur und Kultur mitten in einer Stadt verbinden. Was hätten Sie wohl mit den vielen Autos im Stiftsbezirk gemacht? Ich jedenfalls stelle mir den inneren Stiftsbezirk als Vorrangzone für Fußgänger und Radfahrer vor.

Von Ihrer Idee der großen Allee und dem ruhigen grünen Platz ist heute wenig zu sehen. Man wollte in den 70er  Jahren „Leben in die toten Adern bringen“. Dazu hat man mit der Schlaunstraße den Stiftsbezirk aufgerissen, den Hanhoff, den Kastanienplatz als Parkplatz und die überdimensionierte Heriburgstraße erstellt – vielleicht seinerzeit richtig. Nur für die Zukunft des Ortskerns insgesamt müssen wir ein sensibles Konzept erstellen, das alle Bereiche integriert. Angesichts der Entwicklungen im Einzelhandel, könnte es schwierig werden, dort weitere Geschäfte anzusiedeln. Ich denke, dass eine touristische Nutzung, Gastronomie, vielleicht seniorengerechtes Wohnen, Arbeiten oder Kunsthandwerk und Kultur im Ortskern einen guten Platz finden könnten. Nottuln soll sich als lebendiger Ort weiter entwickeln und kein Museum werden. Andere Themen wie weitere Hotelbetten, Radwanderwege und gemeinsame Angebote der Baumberge-Region bieten noch Potenzial.

Der Nottulner Schlaun-Cirkel bewahrt Ihr Andenken in guter Weise: Er erinnert diejenigen, die das Heft des politischen Handelns in der Hand haben, dass politische Entscheidungen an langfristigen Strategien ausgerichtet werden müssen. Und auch damit gibt es wieder eine Verknüpfung aus meinem Leben in Ihre Zeit: Ich möchte helfen, eine stabile und nachhaltige Situation in der Gemeinde zu schaffen.

Schade trotzdem, dass wir uns vorerst nicht persönlich begegnen werden. Allerdings denke ich immer an Sie, wenn ich über die Stiftstraße laufe und Sie vor der Aschebergschen Kurie stehen und mir zuwinken sehe!

Herzliche Grüße!

Ihr ergebener