Joseph Moehlen (1937-2016)

26. Februar 2020

Sehr geehrter Gemeindedirektor Moehlen,

Sie waren der erste, den mein Nachbar mir als Vorbild nannte, als bekannt wurde, dass ich mich um das Amt des Bürgermeisters für Nottun bewerbe. Mit leuchtenden Augen schwärmte er von dem, was Sie für unsere Gemeinde erreicht haben. Vor allem berichtete er vom großen Respekt, der Ihnen entgegengebracht wurde. Das hat mich neugierig gemacht.

Sie hatten einen starken Willen zu gestalten und Sie hatten „Ecken und Kanten“. Mit einer verlässlichen politischen Mehrheit konnten Sie viele Dinge umsetzen. Das zeichnet Ihre „Ära“, Ihre zehn Jahre als Gemeindedirektor, aus. Heute ist das vielleicht anders. Entscheidungen kann man auch mit den besten Absichten nicht mehr durchdrücken. Prozesse müssen gestaltet werden und Bürgerinnen und Bürger sind viel mehr einzubeziehen. Ich persönlich empfinde das als ausgesprochen positiv und freue mich, wenn ich für eine Sache werben muss, lasse mich aber auch gerne von guten Argumenten überzeugen.

Ganz eng mit Ihrer Person ist die gute bauliche Entwicklung aller Ortsteile, die Neugestaltung des historischen Ortskerns verbunden. 25 Jahre später profitieren wir noch immer davon. Mit großem Geschick haben Sie Gewerbebetriebe in Nottuln 

angesiedelt und erhalten. Sie haben durch eine vorausschauende Grundstückspolitik immer wieder neue Baugebiete entwickelt. In Ihrer Amtszeit war Nottuln eine der am meisten prosperierenden Gemeinde im Münsterland. Viele Menschen träumen heute davon, dass wir wieder solche Zeiten erleben.

Wachstum bedeutet für mich aber nicht nur Menge, sondern vor allem Qualität. Ich denke, dass wir heute sehr gut hinschauen müssen, wo wir investieren: in welche Wohnformen, in welches Gewerbe. Die Ressourcen gibt es nur einmal. Im Zeitalter des Klimawandels werden wir manche Ansiedlung und manches Bauland anders entwickeln als in den Jahren, in denen Sie Chef der Verwaltung waren. Das heißt aber nicht, dass Entwicklungen nicht dringend notwendig sind; sie haben nur andere Schwerpunkte.

Mit Schulze Frenkings Hof und der Alten Amtmannei haben Sie Kulturzentren in Nottuln errichtet. Sie haben auch eine Musikschule gegründet und viel Wert auf das kulturelle Leben in Nottuln gelegt. Außer den Baulichkeiten ist davon leider nicht viel geblieben. Ich würde mir wünschen, dass die Gemeinde wieder eine aktive Rolle in der Kulturarbeit einnimmt. Beim Hof Schopmann in Darup läuft es vorbildlich. Zwar sind mir, ähnlich wie Ihnen, das Miteinander und die kulturellen Begegnungen von Menschen ein hohes Gut, andererseits müssen wir in diesen Zeiten haushalten und versuchen, diesen schönen Ort ohne Verluste zu führen.

Sie haben sich persönlich auch um Fördermöglichkeiten und die Entwicklung der Schullandschaft in Nottuln gekümmert. Davon profitieren wir heute sehr. In Ihrer Zeit wurden Kindertagesstätten gebaut und auch die Haupt- und Realschule haben Sie nach Kräften unterstützt. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen lag Ihnen sehr am Herzen. Das ist mir nicht nur sehr sympathisch, sondern ich möchte es ähnlich wie Sie machen: keine Schule und kein Kindergarten darf schließen, Schulen möchte ich erhalten und in deren Substanz und Ausstattung investieren. Es ist schließlich unsere Zukunft, die in den jungen Menschen ausgebildet wird.  

Auch in Sachen Sport waren Sie unglaublich aktiv: Sportplätze, Turnhallen und Bäder haben Sie errichtet und wollten sogar noch eine Eishalle bauen – vielleicht aus heutiger Sicht ein zu ambitioniertes Vorhaben. Aber für die Bäder und Sportstätten sind wir dankbar. Ich möchte diese Einrichtungen unbedingt in einem guten und zeitgemäßen Zustand erhalten, und wenn nötig, Ersatz schaffen. 

Wenn man Ihren Namen in der Politik nennt, wird immer auch erzählt, dass Sie ein streitbarer, politischer Beamter waren. Es gefällt mir, wenn Menschen im rechten Maß ein starkes Profil haben, gelegentlich mal provozieren, Unruhe schaffen, aber dann auch in die (gute) inhaltliche Auseinandersetzung gehen. Manches Thema löst sich erst, wenn man es „kernig“ durchdiskutiert hat – am Ende muss es eine Entscheidung geben. 

Die Entwicklung der freundschaftlichen Beziehungen zu St. Amand und Chodziedz war Ihnen ein Herzenzanliegen. Ich habe Bilder von Ihnen und Ihrer Frau gesehen, wie Sie in den 70er Jahren – die Mode und Frisuren verraten das Alter der Bilder – dort gemeinsam und persönlich sehr engagiert waren. Diese Städtepartnerschaften, die zu Freundschaften wurden, sind auch mir sehr wichtig. Gern möchte ich mich persönlich in den Partnerschaftskomitees engagieren, den Austausch fördern und vielleicht weitere Städtebeziehungen begleiten. 

In einem Aufsatz haben Sie geschrieben: „Engstirnigkeit hatte in Nottuln schon immer ein zeitnahes Verfallsdatum. Weltoffenheit, Toleranz, Abbau von Vorurteilen und Friedensliebe, die nichts anderes als eine Form der Nächstenliebe ist, waren die modernen Trumpfkarten, wie sie vor allem von der jungen Bürgerschaft ausgespielt wurden.“ Ich wünsche mir sehr, dass Nottuln sich daran erinnert und gemeinsam mit den jungen Menschen, den Familien und denen, die bei uns Zuflucht gefunden haben, in eine neue blühende Zeit der Gemeinde aufbricht. Ich bin sicher, Sie hätte Ihre Freude daran!

Es grüßt Sie

Ihr ergebener