Parallelwelten 2/2

31. Mai 2020

Ein großes Thema, das durch die Corona-Krise einen gewaltigen Schub erfahren hat, ist die Digitalisierung. Allerdings erzählen mir manche Eltern, wie sehr sie sich jetzt auf das Ende ihres Home-Office freuen. Ich erinnere, wie ich mich in der Arbeitsagentur für diese Form des Arbeitens eingesetzt habe – allerdings für Mütter und Väter, die nur gelegentlich mal einen Arbeitstag Zuhause arbeiten wollten oder für Angestellte, die in der Betreuung und Pflege ihrer Angehörigen engagiert waren. Da sprachen wir noch über einzelne Tage und nicht über Wochen oder sogar Monate. Wie wichtig die Begegnung mit Kolleginnen und der Austausch mit Vorgesetzten sind, merken wir jetzt besonders deutlich. Wir sind trotzdem froh über alle Medien, die ein mobiles Arbeiten ermöglichen. Hier denke ich parallel an Nottuln und die Gemeindeverwaltung. Vieles ist sehr bürgerfreundlich in einem guten Online-Portal zu gestalten. Der Service kann allerdings nicht ausschließlich digital angeboten werden. Es braucht ein gutes Mittelmaß. Die Elektronische Akte hat kaum eine Behörde in solcher Konsequenz vollzogen wie die Arbeitsagentur. Es macht Mut zu wissen, dass so ein Projekt sogar im Großen erfolgreich sein kann. Auch der in den Anfängen skandalgeschüttelte Virtuelle Arbeitsmarkt, der heute ganz selbstverständlich zum „normalen“ Angebot dazu gehört, musste langsam erprobt und Schritt für Schritt eingeführt werden. Dann aber war er eine Erfolgsgeschichte, die immer weiter ausgebaut wurde. Gut, dass ich damals die Flinte nicht ins Korn geworfen habe und die Einführung von Kundenzentren in ganz Deutschland von der Zentrale in Nürnberg aus bis in die letzte Region in Deutschland steuern konnte.

Und noch ein Beispiel fällt mir ein: Die Arbeitsagentur in Recklinghausen wurde unter meiner Führung zur „Innovationsagentur“: Wir haben miteinander und nach den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger, die wir immer wieder befragt haben, die Services so gestaltet, dass sie maximal zufriedenstellten. Gut hinsehen und hinhören war oberstes Gebot. Dabei mussten immer auch die Bedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Das war alles andere als einfach in Einklang zu bringen. Wir haben viele kleine Projekte zum Thema Kundenfreundlichkeit und Mitarbeiterzufriedenheit aufgesetzt. Am Ende stellten wir fest, wie gut es ist, immer am Puls der Zeit zu sein und gelegentlich voran zu gehen und sich nicht durch andere treiben zu lassen. Vielleicht auch für Nottuln eine Perspektive?

Angesichts der Gespräche im Gemeindeentwicklungsausschuss, die ich mir gelegentlich anhöre, der Diskussionen im Kreis der Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP und den Grünen und auch in meinen Gesprächen mit potenziellen Investoren, höre ich gelegentlich, wie komplex Gewerbe-Neuansiedlungen und die Entwicklung von Bauland sind. Das ist sicher richtig, verpflichtet uns als Gemeinde trotzdem, weiter zu denken und vor allem weiter zu machen! Und wieder erinnere mich mich an die kleinen und vor allem großen Bauprojekte, die ich gerade im Gesundheitswesen betreue. Alles muss wirtschaftlich sinnvoll und dennoch mit Blick in die Zukunft geschehen – auch in unserer Gemeinde. Bei den Neubauprojekten arbeite ich nicht nur mit einem straffen Zeitplan, sondern kalkuliere auch eine Kostensteigerung von knapp 20 Prozent pro Jahr. Alle, die schon einmal gebaut haben wissen, dass man am Ende immer gern ein bisschen mehr Geld zur Verfügung hätte, als man „eigentlich“ geplant hat. Gemeindefinanzen sind „unser“ Geld. Das Finden, Einwerben und Beantragen von Fördermitteln ist eine extrem wichtige Aufgabe und egal, ob in der freien Wirtschaft oder in einer Kommune, die Verantwortung liegt bei uns. Solides Handeln ist unsere Pflicht.  

Wie oft haben wir bei Neu- und Umbauten in der Klinik überlegt, wie man möglichst umweltschonend und ökologisch, möglichst energieeffizient und ressourcenschonend bauen kann. Standardthemen sind dabei der Einbau einer besonderen Dämmung, effiziente Gebäudetechnik und -steuerung und der Bau von Blockheizkraftwerken. Das werden ebenfalls Themen sein, die wir in Zukunft in Nottuln weiter bewegen müssen. Ein Klimaziel erreichen zu wollen, bedeutet dann gelegentlich auch Einschnitte in die individuelle Komfortzone.

Eine der schönsten Parallelen ziehe ich aus zwei „Beratungsfällen“ im Bereich der Gastronomie. Solchen komplexen Unternehmen beim Überleben zu helfen, war eine echte Aufgabe. Immer wieder musste entschieden werden, welche Investitionen „nett“ sind und welche sinnvoll und zielführend, welches Marketing erfolgreich ist und welche Werbemaßnahmen eher „hübsch“ sind. „In Schönheit sterben“ war für keines der beiden Unternehmen eine Lösung. Dank einer intensiven Beratung und einem perfekten Zusammenspiel mit den Inhabern und Angestellten ist es mir in beiden Fällen gelungen, die Unternehmen zukunftsfest aufzustellen. Am Ende wurden sogar Freundschaften aus der gemeinsamen Arbeit. Das Thema der Investitionen in die richtigen und renditeträchtigen Bereiche sowie ein erfolgreiches Marketing lohnen auch in Nottuln angepackt zu werden. Entscheiden und Handeln – zwei Grundsätze, die aber nur dann zum Erfolg führen, wenn man Menschen mitnehmen kann.  

Und noch einmal: „Wollen führt nur mit Können zum Erfolg!“ (ein altes chinesisches Sprichwort, wie man meinen könnte…)