Ulla Wolanewitz

19. Februar 2020


Liebe Ulla,

du warst eine der ersten, die ich bei meiner Reise durch die Gemeinde kennenlernen durfte. „Ulla Wolanewitz macht viel für die Gemeinde und ist eine spannende Frau“, wurdest du mir angekündigt. Und genau so war es. Wir trafen uns bei mir Zuhause und haben schon bei unserer ersten Begegnung lange am Küchentisch gesessen und über Gott und die Welt gesprochen. Ich habe dich als ausgesprochen „geschäftstüchtig“ erlebt, denn du brachtest neben deinem wunderbaren, letzten Buch auch das Programm von „Kunst & Kultur Nottuln“, inklusive Mitgliedsantrag und zwei Freikarten für den Sherlock Holmes-Abend bei Ahlers mit. Das hat mich natürlich sofort angesprochen und das kulturelle Leben in Nottuln war unser Thema. Ja, die Kultur in Nottuln ist so vielfältig und lebendig, weil Vieles von Ehrenamtlichen getragen wird. 

Wir waren uns schnell einig, dass die Unterstützung und auch die finanzielle Förderung dieses Bereiches manchmal sehr schlank ausfällt. Gerade für das Profil unserer Gemeinde ist es mit Blick auf die Zukunft aber ausgesprochen wichtig, die Attraktivität und die Unterschiedlichkeit der Veranstaltungen in jedem Fall zu halten und weiter auszubauen. Nottuln bietet so viel! Und doch fehlt es an der einen Ecke oder Kante… Warum wir keine eigene Musikschule haben? Das Geld dafür müssten wir nicht nur einmal im Haushalt investieren, sondern auch die laufenden Kosten jedes Jahr wieder berücksichtigen. Gemeinsam stark? Über die Gemeindegrenzen hinaus? Warum versuchen wir nicht, uns mit Nachbarkommunen zusammen zu tun und gründen eine „Kulturschule“? In der könnten Kinder und Jugendliche ein Instrument erlernen, malen und basteln, miteinander etwas schaffen, Lernen und Spaß miteinander verknüpfen. Das muss nicht in einem eigenen Gebäude passieren; dafür kann man eine kleine Verwaltung aufbauen und Räume nutzen, die es in unserer Gemeinde an unterschiedlicher Stelle schon gibt.

Liebe Ulla, du bist jemand, der „klare Kante“ zeigt und du verstehst es, die Themen zu vermarkten, die dich umtreiben. Nur mit einer gefestigten Meinung und auch mit dem Risiko, nicht alle mitzunehmen, kann man so sein. Aber ich erlebe auch, dass du nachfragst, den Dingen auf den Grund gehst, dass du dich vernetzt und dir Zeit nimmst, deine Meinung zu bilden. Das empfinde ich in unserer schnell gewordenen Zeit voller Schubladendenken und Oberflächlichkeit als eine echte Tugend. 

Ich habe mich sehr gefreut, dass dir der Heimatpreis des Kreises Coesfeld verliehen wurde. Denn es sind ja die Geschichten von Menschen, die es dir angetan haben. Immer wieder erzählst du von ihnen, produzierst Filme und schreibst Bücher. Es sind dabei auch die leisen Töne, die dich faszinieren. Über die Geschichten der Geflüchteten, die du bei deinem ersten Besuch als Buch mitgebracht hast, haben wir uns lange unterhalten. Bei der Ausstellungseröffnung konnte ich dann einigen persönlich begegnen und dein Buch wurde sozusagen lebendig. Dass ausgerechnet du als Ur-Nottulnerin dich für „die Fremden“ einsetzt, finde ich bemerkenswert und unglaublich sympathisch! 

Auch wenn ich selbst vor 20 Jahren ja nur „ein bisschen fremd“ nach Schapdetten gekommen bin, so kann ich mir vorstellen, wie wichtig ein gutes Auf- und Angenommen-Werden ist. All unsere Vereine haben daran großen Anteil, die Kirchen und die Schulen und viele Einzelpersonen, die sich sehr selbstverständlich zum Beispiel in den Flüchtlingshilfen engagieren. Dem zolle ich großen Respekt und Bewunderung. Ich finde, solchen ehrenamtlichen Integrationshelferinnen und -helfern muss man nicht nur Danke sagen, sondern man muss sie tatkräftig unterstützen. Wenn wir uns die Welt anschauen, können wir erahnen, dass die Suche nach einem Zuhause die Menschheit aus vielfältigen Gründen dauerhaft beschäftigen wird. 

Zum Thema Wahlkampf und dazu, wie ich viele Nottulnerinnen und Nottulner erreichen kann, habe ich dich auch nach deiner Meinung gefragt, weil du eben die Menschen und die Region gut kennst. Wir waren uns schnell darin einig, dass die Blumen vor dem Supermarkt und die „Give aways“ an der Haustür vielleicht „nette“ Gesten sind, es aber auf etwas anderes ankommt. Klar, ist es interessant, den Menschen zu sehen und seinen Lebenslauf zu lesen. Viel wichtiger, und darin sind wir uns einig, ist es, seine Haltung, seine Werte und seine Ideen kennenzulernen. Das geht aber nicht an der Haustür, nicht am Wahlkampfstand zwischen Tür und Angel. Wie bilden Menschen ihre Meinung? Ja, auch über das Internet, über Facebook und andere soziale Medien, die ich gern in dieser Zeit bediene. Vor allem aber geschieht das in der persönlichen Begegnung von Angesicht zu Angesicht. So werde ich mir viel Zeit nehmen – in Gesprächen, auf Veranstaltungen und auch später, vielleicht als Bürgermeister. Und ich wünsche mir für mich, dass es mir gelingt, immer mal einen Schritt zurück zu treten, um den Blick auf das große Ganze richten zu können und möglichst viel wahrzunehmen. Das ist manchmal eine Frage der Perspektive.      

Herzliche Grüße!

Dein ergebener