ein Auftakt

4. November 2020

Rede zur Konstituierenden Ratssitzung am 3.11.2020, 19:00 Uhr im Forum des Ruper-Neudeck-Gymnasiums

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Nottuln, 

liebe Ratsfrauen und Ratsherren, 

liebe Gäste!

Um den einen Satz, den Hermann Hesse in seinem berühmten „Stufen“-Gedicht formuliert hat, kommt man an dieser Stelle nicht herum: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. – Der Zauber dieses Augenblicks, dieser Ratssitzung mitten in der zweiten Welle der Pandemie ist dann doch ein sehr komplexer und zweifelhafter. 

Und trotzdem: Hier und heute ist genau einer dieser Momente, in denen ein solcher Satz seinen Platz hat. 

Der Zauber dieses Moments, der ersten Ratssitzung einer neuen Wahlperiode, ist vielfältig:

Hier und heute haben wir uns damit zu beschäftigen, was vor uns liegt, was unsere Ziele sind, was unser Rahmen ist und wie wir die nächsten fünf Jahre miteinander gestalten wollen.

Zwei große Aufgaben erwarten uns in den kommenden Wochen:

Wir müssen uns mit dem Haushalt beschäftigen und eine Art Kassensturz machen. Was können wir im nächsten Jahr investieren, wie sieht unser Handlungsraum aus?

Als zweites möchte ich einen „Nottuln-Plan 2030“ beginnen und die maximale Entwicklung unserer Gemeinde mit möglichst allen größeren Projekten und Themen beschreiben.

Wir müssen diskutieren und gemeinsam festlegen, was unser gedanklicher Fahrplan ist – und auch, wo wir uns ganz bewusst und geplant Grenzen setzen.

Die Pandemie und Klimakrise lehren uns, dass es keine absolute Sicherheit, keine ewiges „Weiter so!“ und kein „et hätt noch ewer jut jejange“ gibt.

Zu den Themen im Einzelnen:

Das Thema Wohnraum beschäftigt viele Bürgerinnen und Bürger. Wohnen muss bezahlbar bleiben beziehungsweise bezahlbar werden. Ich möchte auch in unseren dörflichen Strukturen neue Wohnformen ermöglichen und für erschwingliche Grundstücke, für Wohnungen, Wohnprojekte und auch für sozialen Wohnungsbau sorgen. Junge Familien möchte ich dabei ebenso im Blick haben wie unsere älteren Mitbürger, die aus großen Häusern in kleineren, barrierearmen Wohnraum ziehen. Das Angebot ist dabei in Nottuln und in den Ortsteilen Appelhülsen, Darup und Schapdetten bedarfsgerecht auszubauen.

Als Klimakommune müssen wir unsere Neubaugebiete in jedem Fall nachhaltig und klimaneutral gestalten und die Bauleitplanung und das Mobilitätskonzept entsprechend anpassen bzw. entwerfen.

Möglichst viel soll von der Gemeinde selbst erschlossen und vermarktet werden.

Weil unsere Gemeinde in den kommenden Jahren wirtschaftlich vor großen Herausforderungen steht, müssen wir mittel- und langfristig denken.

Sowohl die bestehenden Gewerbegebiete sollten jetzt überplant als auch neue in Angriff genommen werden. Wir müssen Unternehmen, die sich in Nottuln ansiedeln wollen, Flächen anbieten können – gut erschlossen und mit modernster Glasfasertechnik ausgestattet, denn nur wenige Kommunen sind verkehrstechnisch so gut angeschlossen wie Nottuln. 

Ansiedlungen sollten allerdings nach qualitativen Kriterien erfolgen: Welche Synergien zu bereits bestehenden Unternehmen gibt es? Wie innovativ ist ein Unternehmen? Welche ökologischen Effizienzen können erreicht werden (z.B. kurze Wege, neue Technologien, neue Formen der Energieerzeugung etc.) und wie gering ist der Flächenverbrauch bei maximalen Effekten für den Arbeitsmarkt. 

Die Gewerbesteuereinnahmen können uns mittelfristig einen Handlungsspielraum schaffen. 

Die Corona-Pandemie zeigt uns, dass Arbeiten immer mehr auch zu Hause und in anderen Formen stattfindet. Wohnen, Leben und Arbeiten sollten wir wieder mehr zusammenführen: In interessanten und innovativen Wohngebieten gibt es Läden, Freiberufler, Handwerker, „Coworking-Spaces“… – Nottuln könnte einige solch zukunftsträchtiger Gebiete entwickeln. 

Wir müssen Freiräume für Kinder und Jugendliche finden. Sie sollen im Ort sichtbar sein dürfen, Platz haben und sie sollen gefördert und begleitet werden. 

Inklusion und Integration sind zwei Themenfelder, die wir auf keinen Fall vernachlässigen dürfen. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Themen und Planungen und sie zeigen das freundliche und zugewandte Gesicht unserer Gemeinde.

Die begonnene Ortskernsanierung setzen wir fort und passen sie an die Erfordernisse an. Dringend gehören die Anforderungen des Radverkehrs dazu. Auch wenn der Ortskern für alle weiterhin gut erreichbar sein soll, könnte er als Vorrangzone für Fußgänger und Radfahrer gestaltet werden. 

Nottuln braucht außerdem ein neues Verwaltungsgebäude, das einen multifunktionalen, barrierefreien Veranstaltungsraum beherbergt und auch für die Gemeindeverwaltung neue Arbeitsformen ermöglicht.

Für unsere Zukunft ist das Thema Bildung sehr wichtig: Es ist auch eines der Themen, die sich am schnellsten verändern, so dass wir entsprechend der Bedarfe in den Ortsteilen gefordert sind, flexibel zu reagieren. Wir investieren in das Rupert-Neudeck-Gymnasium und seine Architektur, die sich an einem faszinierenden, neuen Pädagogischen Konzept orientiert. Die Gemeinde Nottuln muss ein verlässlicher Partner der Liebfrauenschule bleiben und wird die Sekundarschule auch in Zukunft bedarfsgerecht nach Kräften stützen, um allen Schülerinnen und Schülern eine gute Schulbildung zu ermöglichen. 

Beide Schulen brauchen dringend und schnell einen Glasfaseranschluss und WLAN, damit digitales Lernen möglich bleibt und entsprechende Medien in entsprechender Geschwindigkeit eingesetzt werden können. 

Im Wahlkampf haben viele Bürgerinnen und Bürgern Formen der direkten Beteiligung angemahnt: Ich möchte mindestens einmal im Jahr in jedem Ortsteil eine Veranstaltung durchführen – gemeinsam mit den Ratsfrauen und Ratsherren, die dort ihre Wahlbezirke haben. Ich möchte gern gezielt und Themen-bezogen einladen, um unseren Weg von Politik und Verwaltung immer wieder rückzukoppeln und korrigieren zu können. Zu mir persönlich gibt es den direkten Zugang über Email, Telefon und die persönlichen Begegnungen.

Eines der wichtigsten Themen ist der Klimaschutz. Als Klimaschutzkommune wird Nottuln bis 2030 klimaneutral. Fördermittel zum Umbau der Gebäude und der Infrastruktur sind vielfältig vorhanden – wir müssen sie jetzt nutzen! Die Gemeinde muss mit ihren eigenen Immobilien Vorbild und Vorreiter werden. PV-Anlagen sollten auf möglichst allen günstig gelegenen Dächern installiert werden – vor allem bei Neubauprojekten. Die Idee einer Energiegenossenschaft, an der sich Bürgerinnen und Bürger beteiligen, halte ich für eine gute Möglichkeit, eine breite Akzeptanz für alle Formen alternativer Energieerzeugung zu schaffen. 

Ich liebe die Baumberge – für mich eine der schönsten Landschaften Deutschlands. Unsere Landwirte, unsere Jäger und Naturschützer arbeiten daran, dass das so bleibt. Die Gemeinde muss mit Ihrer Pflege der öffentlichen Flächen und des öffentlichen Grüns kompetent vorangehen und zeigen, wie Natur, Tiere und Klima geschützt und erhalten werden können. 

Wir leben in einer der privilegierten Lagen Deutschlands, müssen aber dringend neue Wege finden, fortschrittliche Mobilität und Pendlerbewegungen maximal klimaschonend zu ermöglichen: Grundsätzlich soll dem Radverkehr eine deutlich größere Rolle eingeräumt werden. Velorouten und Radwege müssen geplant und gebaut und der ÖPNV verbessert werden.

Auch unser Bahnhof in Appelhülsen muss attraktiver und gut an die geplante S-Bahn Münsterland angebunden werden. Außerdem brauchen wir gut organisierte, flexible Zubringer-Dienste, damit Menschen die Bahn optimal und ohne lange Wartezeit erreichen. Und deshalb braucht unsere Gemeinde einen Mobilitätsmanager der verantwortlich dieses Thema bearbeitet und die entsprechenden Fördertöpfe nutzt.

Unser Bahnhof hat Potenzial: Er muss zu einem Aushängeschild der Gemeinde als Mobilitäts-HUB mit gepflegten Anlagen werden. Es soll dort alles geben, was man zum Reisen so braucht: WLAN, Sitzmöglichkeiten und vielleicht sogar ein Wartehäuschen mit einem Kiosk. Vor allem ist mir aber die Erreichbarkeit unseres Bahnhofes mit allen Verkehrsarten wichtig.

Die Corona-Pandemie lehrt uns, welche Chancen und welche Risiken in der Digitalisierung liegen. Die Chancen sollten wir nutzen, das digitale Rathaus weiter vorantreiben und alle öffentlichen Gebäude mit der entsprechenden Technik ausstatten. Undenkbar, dass Nottuln selbst nicht an das Glasfasernetz angeschlossen wird, alle anderen Ortsteile aber schon. Ein öffentliches WLAN im Ortskern würden uns ebenfalls gut tun. 

Eine Nottuln-App (für Appelhülsen, Darup, Nottuln und Schapdetten) würde unser Kommunikationsverhalten verändern: für schnelle Informationen, fürs Marketing und den Tourismus, mit einem Event-Kalender und vieles mehr. 

Nottuln hat mit Schulze-Frenkings Hof, der Alten Amtmannei und dem Alten Hof Schoppmann zwar schöne Gebäude als Kulturzentren, doch findet Kultur inklusive der Bildungsarbeit bislang fast nur im Ehrenamt statt. Mit der Einrichtung der Stelle einer Kulturkoordinatorin ist ein erster Schritt getan. Das reiche Kulturleben in allen Ortsteilen unserer Gemeinde soll unterstützt und gefördert werden. Ein Nottulner Kultursommer wäre sicher mehr als ein Zuschussgeschäft; mit Kultur kann man auch Geld verdienen, wie uns andere Kommunen vormachen. 

Wir brauchen eine Kulturschule für Nottuln. Musik, Literatur, Bildende Kunst und Darstellende Künste stehen unserer Gemeinde gut zur Gesichte und sollten unseren Kindern und Jugendlichen eine umfassende kulturelle Bildung ermöglichen.

Es ist beeindruckend, welch großartige Arbeit schon jetzt in den vielen Sportvereinen geleistet wird. Wir sollten uns bemühen, unsere Sportstätten zu erhalten und dafür sorgen, dass sie angemessen genutzt werden können.

Das Ehrenamt trägt unsere Gesellschaft in erheblichem Umfang und wir sollten den Ehrenamtlern unsere Wertschätzung ausdrücken. 

Die Verwaltung, von der ich nun ein Teil bin, verstehe ich als Dienstleister für die Menschen in der Gemeinde. Bürgerinnen und Bürger sollen erfahren, dass ihre Anliegen ernst genommen und schnell bearbeitet werden. 

Im ersten Halbjahr 2021 möchte ich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde analysieren, wo unsere Potenziale liegen und wie wir uns zusammen auf den Weg zu einer innovativen Organisation machen können. Ich bin sicher, dass ein gutes und respektvolles Miteinander, eine gute fachbereichsübergreifende Koordination und die Arbeit in Projekten uns schnell und zielorientiert weiterbringen.

Die Zusammenarbeit mit dem Kreis, der die Gemeinde Nottuln an vielen Stellen unterstützen kann, und die Kooperation mit den anderen Baumberge-Kommunen möchte ich ausbauen. Zugleich möchte ich auch die Zusammenarbeit mit dem Land und der Bezirksregierung intensivieren.

Ganz sicher müssen wir deutlich stärker als bisher die Europa-, Bundes- und Landes-Fördertöpfe nutzen. Dazu soll es eine Stelle geben, die diesem Thema gewidmet ist. Ich bin sicher, dass sich bereits in den ersten Monaten Tätigkeit das Investment refinanziert und gute Projekte für alle vier Ortsteile realisieren hilft. Durch eine wohlüberlegte Ansiedlungspolitik lässt sich das Gewerbesteueraufkommen mittelfristig steigern. Über die geplante Eigenvermarktung von Grundstücken und Wohnraum kann der Gemeindehaushalt ebenfalls entlastet werden. 

Nottuln hat großes Potenzial. Unsere reiche Geschichte mit der Stiftskirche und dem barocken Ortskern zeigt, was unsere mutigen Vorfahren geschafft haben. Um das alles zu erhalten und weiter zu entwickeln, brauchen wir eine starke Verwaltung und einen guten Rat. 

Ich selbst werde mit aller Kraft, die ich habe, und mit allem, was ich kann, diese Aufgabe, dieses Amt des Bürgermeisters, leben. 

Für unsere Zusammenarbeit wünsche ich mir eine offene und wertschätzende Kommunikation! Eine Kultur und eine Haltung, die das Gute und Sinnvolle stärker macht, die gastfreundlich und offen ist. 

Ich möchte schließen mit einem Zitat von John F. Kennedy:

„Wann, wenn nicht jetzt?“ 

– Wir beginnen heute gemeinsam eine neue Zeit!

„Wo, wenn nicht hier?“ 

Appelhülsen, Darup, Nottuln und Schapdetten haben Aufwind und unseren Rückenwind verdient!

„Wer, wenn nicht wir?“

– Heute ist der Tag, der uns, den neuen Rat der Gemeinde Nottuln ‚auf Anfang‘ setzt und uns zugleich in die Verantwortung nimmt! 

Gemeinsam gestalten wir ab heute die Zukunft von Nottuln!