Frohe Ostern!

11. April 2020

Liebe Nottulnerinnen und Nottulner,

die Corona-Pandemie verändert unser Leben, unser Arbeiten, unseren gesamten Alltag. Ich entdecke, wie vieles ich bisher als selbstverständlich wahrgenommen habe. In dieser besonderen Situation aber ist alles anders. Ostern zu feiern wird in diesem Jahr zur Herausforderung: Abstand halten, auf Treffen mit Familie und Freunden verzichten, keine gemeinsamen Gottesdienste feiern, nicht Essen gehen – die Liste ließe sich unendlich erweitern. Wie gern würden wir das alles vergessen und ein einfach ein Osterfest „wie immer“ erleben!

Die Situation ist für viele besonders schwierig. 

Zum Beispiel für Familien mit Kindern: nur allein draußen spielen, nicht in den Sportverein gehen, nicht in den Urlaub fahren, die Großeltern nicht besuchen. Ich habe einen Mitarbeiter in der Klinik, der in einer kleinen Wohnung ohne Balkon mit seiner schwangeren Frau und seinem kleinen Sohn lebt. Ich bewundere ihn für seine Disziplin, zuhause zu bleiben und nicht dem Reiz des schönen Wetters zu erliegen oder dem Wunsch, Eltern, Geschwister und Großeltern zu treffen. Insbesondere Kinder aus komplexen Verhältnissen sind besonders von der Krise betroffen. Durch die notwendige Schließung der Kitas und Schulen sind sie häufig stärker von Bildungsprozessen abgekoppelt. Außerdem fehlt es manchen Familien  am Nötigsten, so dass der Wegfall des Mittagessens in Kita und Schule weitere Härten für diese Kinder bedeutet.

Für Abiturientinnen und Abiturienten, die nicht nur um ihre Prüfungen bangen mussten sondern sich auch nicht voneinander und ihrer Schulzeit verabschieden können. 

Aber auch viele ältere Menschen, Senioren in Altenheimen, die sich auf die Osterbesuche ihrer Verwandten oder der Enkelkinder gefreut haben, leiden unter den Kontakteinschränkungen.  

3D-Druck, 15cm

Die Angst treibt manche zu Hamsterkäufen und die Sorge um die Versorgung macht manchmal egoistisch. Und diese Angst ist zum Teil nachvollziehbar: in allen Teilen der Welt gibt es die Corona-Pandemie. Bislang hörten wir von Epidemien, die aber selten unser Land erreicht haben. Länder, die wir als gut entwickelte Nachbarn kennen, erleben wir als hilflos in der Versorgung einer großen Menge von Kranken. Auch waren wir gewohnt, immer alles verfügbar zu haben. Nur von meinen Eltern und deren Erzählen aus dem frühen Nachkrieg kenne ich die Sorge um manche Lebensmittel und Konsumgüter. Davon sind wir weit entfernt, auch wenn Hefe und Toilettenpapier (…) gelegentlich ausverkauft sind.   

Und geradezu als paradox erlebe ich die Natur: Sie scheint gerade jetzt, zu Ostern, zu explodieren. Überall spießt es und beginnt zu blühen, die Bäume werden von Tag zu Tag grüner und man kann den Sommer schon fast spüren. 

Neben den unbedingten Veränderungen sehen wir aber auch viel Positives und wunderbare Aktionen: Wichtige Materialien werden von Firmen an Krankenhäuser geschenkt, junge Leute haben Briefe an kranke und ältere Menschen verschickt, überall wurden Corona-Hilfen, Nachbarschaftsinitiativen und Einkaufsservices organisiert, es gibt online Angebote der örtlichen Geschäfte und der Kirchengemeinden, Podcasts und Facebook-Aktionen, an Pflegende und Ärzte werden Geschenke, verteilt und es gibt abendlichen Applaus, Musik, Gesang und Kerzen aus Dankbarkeit und zum Mutmachen. Wir beschäftigen uns wieder mehr miteinander, telefonieren, schreiben Mails, Briefe und Karten. Aber auch politisch werden viele Überlegungen zügig in die Tat umgesetzt: Wie großartig und schnell wurde die Soforthilfe für kleine Unternehmen und Selbstständige Wirklichkeit. Hätten wir jemals gedacht, dass innerhalb weniger Tage eine finanzielle Unterstützung beantragt und sogar ausgezahlt würde? 

Die Westfälischen Nachrichten zum Osterfest begrüßten uns mit der Überschrift: „Erste Lockerungen in Sicht“. Die Rückkehr zur Normalität ist ein dringender Wunsch. Wie aber wird das gehen? Ein „weiter so wie vorher!“ wird es nicht geben. Welche Unternehmen können die Kurzarbeit schnell beenden? Welche Geschäfte überleben die Krise nicht? Wer wird seine Arbeit verlieren? Wie wirken sich die globalen Lieferketten von Waren aus und welche Angebote werden weiter Bestand haben? Werden wir wieder so mobil sein und Urlaubs- oder Geschäftsreisen rund um den Globus machen? Wie sehen die Gemeindefinanzen nach der Krise aus und welche Planungen lassen sich noch umsetzen. Müssen wir als Gemeinde anders vorsorgen, stärker priorisieren und streng aussuchen, was für die Gemeinde wirklich nötig ist? Manche Schwerpunkte verschieben sich. Kann eine Gemeindeverwaltung helfen, indem sie Beratung für Betroffene anbietet, Unternehmen eine Verkaufsplattform anbietet, Gruppen und Vereine gut informiert? Auch für mich ganz persönlich rücken viele neue Themen jetzt in den Fokus.

Natürlich träumen wir davon, dass alles wieder „auf Anfang“ gesetzt wird. Ich bin mir aber sicher, dass unser Leben anders wird. Und dieses „anders“ möchte ich mit Ihnen gestalten. Auch wenn ich den Wahlkampf jetzt als unangebracht empfinde, liegt doch eine Zeit vor uns, die eine Entscheidung fordert. Und die Themen bleiben – trotz zu erwartender eingeschränkter Haushaltsmittel:

Wohn- und Lebensraum erhalten und schaffen –Baugebiete und Wohnraum entwickeln, sowohl in neuen Wohnformen als auch klassisch, in jedem Fall unter ökologischen Gesichtspunkten, auch für Menschen mit kleinem Geldbeutel – sowohl in Nottuln als auch in den Ortsteilen, Eigenvermarktung durch die Gemeinde; eine ausreichende Kinderbetreuung und in allen Schulformen genügend viele Plätze für Schülerinnen und Schüler; Kultur und Sport fördern – auch alternative Formen; die Gemeindeverwaltung zu einem Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger entwickeln

Natur und Umwelt schützen – konsequent auf regenerative Energien setzen, sowohl bei Gemeindeimmobilien als auch in Privathaushalten, alternative und gut organisierte Formen von Mobilität planen und schnell umsetzen (preiswerter ÖPNV, Ausbau Radwege, E-Mobilität, „Münsterland-Takt“, Schnellbus etc.), behutsam mit Pflanzungen umgehen (z.B. ein Baumpflege-Konzept erstellen, Ersatzpflanzungen am Standort 1:1 etc.)

Wirtschaft fördern – mit bestehenden Unternehmen gemeinsam planen, Landwirtschaft unterstützen, neue Gewerbebetriebe auf neuen Flächen gezielt und qualitativ hochwertig ansiedeln. 

Das alles werden wir unter dem Eindruck der Corona Krise entwickeln müssen – mit einem kleiner gewordenen Budget, mit Perspektiven, die nicht ohne Zögern auf alleiniges Wachstum setzen und mit dem Willen zur Nachhaltigkeit. Manche geplante Investition wird unter diesen veränderten Rahmenbedingungen warten müssen oder nicht realisiert werden. Andere, notwendige Planungen wird man realisieren können. Trotzdem sind und bleiben Nottuln, seine Bürgerinnen und Bürger, deren Engagement und die eigene Kultur dieser Gemeinde ein Wert, den keine Pandemie aus den Angeln hebt!

Ich wünsche Ihnen ein frohes Osterfest! Halten Sie durch und behalten Sie die Zuversicht, dass wir gemeinsam das Beste für unsere Zukunft aus diesen Erfahrungen machen!

Ihr